Nach dem dritten DNF in vier Rennen beim Großen Preis von Deutschland waren Francesco Bagnaias Titelambitionen so gut wie erledigt. Der amtierende MotoGP™-Weltmeister Fabio Quartararo war in der Form seines Lebens. Sechs Top-Vier-Platzierungen in Folge, darunter drei dominante Siege und zwei zweite Plätze, ließen viele sagen, dass er den Titel bereits so gut wie zurückerobert hatte.
Doch nur vier Rennen später sieht der Titelkampf verblüffend anders aus. Während Bagnaia seine Saison mit vier Siegen in Folge in Schwung gebracht hat, ist Quartararo ins Stocken geraten. Der Vorsprung des Franzosen ist von 91 auf nur noch 30 Punkte geschrumpft, bevor es in die entscheidende Phase der Saison geht, in der bei sechs Rennen in acht Wochen entschieden wird, wer 2022 den Thron der Königsklasse besteigen darf.
Quartararos erster Fehler in dieser Saison scheint nun der Auslöser für eine glanzlose Rückkehr aus der Sommerpause gewesen zu sein. Mit zwei Stürzen bei der Dutch TT beendete der 23-Jährige zum ersten Mal seit dem Grand Prix von Portugal im November des vergangenen Jahres kein MotoGP™-Rennen. Bagnaia ließ die Enttäuschung vom Sachsenring schnell hinter sich, indem er seinen VR46-Academy-Kollegen Marco Bezzecchi (Mooney VR46 Racing Team) auf Distanz hielt und sich den Sieg sicherte.
Das nächste Rennen war Silverstone. Quartararos Zusammenstoß mit Aleix Espargaro brachte ihm eine Long-Lap-Strafe ein, was sein Rennen stark beeinträchtigte, da er die Ziellinie nur als Achter überquerte. An der Spitze konnte Bagnaia die späte Attacke von Maverick Viñales (Aprilia Racing) abwehren und einen unglaublichen Sieg einfahren, nachdem er das ganze Wochenende über nirgends in der Spitzengruppe zu finden war.
Zwei Wochen später rollten wir in die steirischen Berge und jeder erwartete, dass Bagnaia seinen Hattrick komplettieren würde. Der Italiener lieferte schließlich auch eien fehlerfreie Leistung und eroberte den Red Bull Ring als Ducati-Territorium zurück, aber die beste Leistung des Tages kam dennoch von Quartararo, der trotz der offensichtlichen Schwächen der Yamaha die Ziellinie auf einem lobenswerten zweiten Platz überquerte.
Der Vierfachsieg wurde dann auf heimischem Boden perfekt gemacht, als Bagnaia einmal mehr sein Können unter Beweis stellte und mit nur 0,034 Sekunden Vorsprung auf seinen 2023er Werksteamkollegen Enea Bastianini (Gresini Racing) die Zielflagge sah. Quartararo fand sich unter den ersten Fünf wieder, aber weitere 14 verlorene Punkte machten die 61 Punkte, die der Franzose innerhalb von nur 20 % der Saison verloren hatte, zu einer Augenweide.
In den letzten sechs Rennen des Jahres 2021 konnte Bagnaia 44 Punkte auf Quartararo aufholen, wobei er zwei seiner vier Siege in Aragon, dem nächsten Ziel der Titeljagd 2022, und in Valencia, dem Austragungsort des Saisonfinales, einfuhr. Quartararo kann sich jedoch mit den bevorstehenden Besuchen in Japan, Thailand und Australien trösten, wo er zum ersten Mal seit 2019 wieder antritt. Der Franzose wurde vor drei Jahren Zweiter hinter dem alles überragenden Marc Marquez, während die schnelle, flüssige Natur von Phillip Island die Schwächen der Yamaha M1 verbergen könnte.
Außerdem sollte man Aleix Espargaro (Aprilia Racing) auf keinen Fall ausschließen. Der Spanier mag zwar in Österreich und Misano, zwei Strecken, auf denen er offen zugegeben hat, nicht so gut drauf gewesen sein, aber die kommenden Strecken sind Orte, an denen er echte Erfolge hatte. Aragon und Phillip Island waren Strecken, auf denen die Aprilia RS-GP schon vor der Rivola-Revolution vielversprechend war, so dass es spannend wird, inwiewiet er in den Titelkampf noch eingreifen kann...